
Die Überarbeitung des Alignment package für eine große Bandbreite an Produkten bringt für alle Wirtschaftsakteure mehr Transparenz und Rechtsklarheit, aber auch mehr Pflichten.
Die überarbeiteten CE-Richtlinien traten am 18. April 2014 in Kraft, die Anforderungen sind seit dem 20. April 2016 für alle Wirtschaftsakteure – Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure, Händler – verpflichtend.
Für den Handel sind insbesondere die folgenden sechs von acht überarbeiteten Richtlinien aufgrund des produktsicherheitsrechtlichen Zuschnitts relevant:
- RL 2014/29/EU über einfache Druckbehälter (bisher 2009/105/EG)
- RL 2014/30/EU über die elektromagnetische Verträglichkeit (bisher 2004/108/EG)
- RL 2014/31/EU über nichtselbsttätige Waagen (bisher 2009/23/EG)
- RL 2014/32/EU über Messgeräte (bisher 2004/22/EG)
- RL 2014/35/EU Niederspannungsrichtlinie (bisher 2006/95/EG)
- sowie seit Juni 2015 beziehungsweise Juli 2016 die RL 2014/68/EU über Druckgeräte (bisher 97/23/EG)
Die beiden Richtlinien RL 2014/33/EU über Aufzüge und Sicherheitsbauteile für Aufzüge (bisher 95/16/EG) sowie die RL 2014/34/EU ATEX-Richtlinie (bisher 94/9/EG) dürften für den Handel eher eine untergeordnete Rolle spielen. Alle ab dem 20. April 2016 neu in Verkehr gebrachten Produkte, die dem „Align ment package“ unterliegen, müssen die Anforderungen der neuen Richtlinien erfüllen. Die Konformitätserklärungen sind entsprechend anzupassen.
Prozesse sind anzupassen
Für Druckgeräte gelten die Anforderungen des Handels ab dem 19. Juli 2016. Ein Händler gilt als Hersteller und unterliegt den Pflichten eines Herstellers, wenn er ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Handelsmarke in Verkehr bringt oder ein bereits auf dem Markt befindliches Produkt so verändert, dass die Konformität beeinträchtigt werden kann.
Weitere Verpflichtungen, die vom Handel seit April beziehungsweise ab dem 19. Juli diesen Jahres berücksichtigt werden müssen, sind:
- die Überprüfung, ob das Produkt die CE-Kennzeichnung trägt
- die erforderlichen Unterlagen sowie die Betriebsanleitung und Sicherheitsinformationen sind in einer Sprache beigefügt
- die von den Verbrauchern und sonstigen Endnutzern in dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt werden soll, kann verstanden werden
- das Produkt eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes Kennzeichen trägt zur Identifikation bei
- der Name des Herstellers oder Importeurs, seine eingetragene Firma oder seine eingetragene Marke und seine Anschrift sind auf dem Produkt oder auf der Verpackung oder in den Unterlagen beigefügt
Auch die Lagerungs- oder Transportbedingungen sind vom Händler zu berücksichtigen, denn die Sicherheitsanforderungen der Produkte dürfen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Besteht Grund zur Annahme, dass ein Produkt nicht die Sicherheits-Anforderungen erfüllt, darf der Händler das Gerät nicht auf dem Markt bereitstellen. Er ist verpflichtet, Korrekturmaßnahmen einzuleiten, den Hersteller oder den Importeur sowie die zuständigen Behörden zu informieren. Geht von dem Produkt ein Risiko aus, ist der Händler darüber hinaus verpflichtet, eine Rücknahme beziehungsweise einen Rückruf einzuleiten.
Weiterhin haben Händler der zuständigen Behörde auf deren Verlangen alle vorliegenden Informationen und Unterlagen auszuhändigen, die für den Nachweis der Konformität des Produktes erforderlich sind. Neu hinzugekommen ist auch die verpflichtende Nennung der Wirtschaftsakteure des Händlers gegenüber der Behörde, von denen er ein Produkt bezogen hat und an die er ein Produkt abgegeben hat.
Diese Informationen sind für die Dauer von zehn Jahren nach dem Bezug des Produktes sowie nach der Abgabe des Produktes vorzulegen.
De facto kann der Händler, also der „Quasi-Hersteller“, nur alle Dokumente und Prozesse des eigentlichen Herstellers überprüfen und anpassen, da ausschließlich dem eigentlichen Hersteller die produktspezifische Kompetenz zugesprochen wird.
Zu berücksichtigen hierbei ist allerdings die Haftung, für die der Händler in vollem Maße einsteht.
Für die rechtskonforme Erfüllung der Verpflichtungen sind valide Qualitätssicherungs- und Compliance-Systeme unternehmensspezifi sch zu implementieren sowie verantwortliche Akteure im Unternehmen einzubinden. Diese müssen auch über fundierte Fachkenntnisse verfügen.
Ferner sollten die Produkte regelmäßigen Prüfungen unterzogen werden, die Hersteller sind risikobasiert zu auditieren.
Die Unterstützung durch Compliance-Experten ist ebenfalls sinnvoll und zielführend.
Zunächst muss der Händler Kenntnis erlangen, bei welchen Produkten er unmittelbare Verpflichtungen hat. Hierfür sind die Verantwortlichen entsprechend zu schulen.
Die Prozesse können beim Einkauf und am Wareneingang defi niert werden, insbesondere auch, da bei betroffenen Markenartikeln die Kontroll-Verpflichtungen des Händlers ebenfalls erfüllt und dokumentiert werden müssen.
Weiterhin empfehlen sich ein IT-gestütztes System, das die Verantwortlichen bei den Kontrollen effizient unterstützt, sowie Schulungen oder Workshops für die Vermittlung der konformen Erfüllung der Verpflichtungen.
Marcus Schweier ist bei der AGU Experte Compliance Nonfood. Die AGU unterstützt die Markant bei der Transparenz-Initiative ONE GLOBE im Bereich Compliance.